Nein sagen? – Das ist okay.

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Lisa-Marie

Lisa-Marie

Nein sagen? – Das ist okay.

Es allen recht machen zu wollen, ja das kenne ich auch.

Nach dem ersten Corona Lockdown habe ich mich dabei ertappt, dass es mir guttat, dass keiner etwas von mir erwartet hat. Jeder war zu Hause, es gab nichts was ich verpassen konnte und auch niemanden der böse war, weil ich nicht zu Besuch gekommen bin. Was für eine Erleichterung.

Moment mal, da stimmt doch was nicht. Ich bin erleichtert, weil niemand etwas von mir erwartet? Es gibt keine Termine oder Treffen – und das erleichtert mich?

Puh, das heißt wohl, dass ich vor Corona immer wieder Ja gesagt habe obwohl ich Nein gemeint habe.

In der Zeit nach dem Lockdown erfuhr ich von immer mehr Menschen, dass es ihnen ähnlich ging, dies hat mich zum Nachdenken angeregt. Denn das bedeutet doch, dass wir nicht auf unsere Bedürfnisse und Grenzen achten. Dass wir Treffen vereinbaren, obwohl wir lieber ausruhen wollen oder uns mehr Arbeit aufhalsen als wir tragen können.

Warum tun wir das und warum fällt es uns so schwer Nein zu sagen?

Diese Verhaltensweise ist leider nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Wir Menschen sagen lieber ja als nein und die Ursache dafür ist zum einen, dass wir unsere körperlichen und emotionalen Grenzen nicht wahrnehmen und zum anderen macht es uns Angst.

 

Aber vor was haben wir Angst?

Wir haben Angst abgelehnt zu werden, jemanden zu verletzen oder zu enttäuschen, verurteilt zu werden, etwas zu verpassen, unseren Job bzw. unsere finanzielle Sicherheit zu verlieren, mit der Reaktion unseres Gegenübers nicht umgehen zu können oder einen Konflikt auszulösen.

Ich glaube, dass ich richtig liege, wenn ich behaupte, dass jeder diese Ängste schon einmal hatte. Doch woher kommen diese Ängste eigentlich?

Um diese Frage beantworten zu können, blicken wir zurück in unsere Kindheit.

Denn als wir Kinder waren, haben wir das Wort Nein häufig im Zusammenhang damit gehört, dass wir etwas „falsch“ gemacht haben. „Nein lass das, du darfst dies oder sollst das nicht“. Ziemlich jede/r von uns hat auch erlebt, dass ein Nein von uns als Kind nicht respektiert oder als respektlos betrachtet wurde. Ein Nein hatte auch oft zur Folge, dass wir etwas nicht bekommen haben. Als Kind war das ziemlich doof, denn wir hatten noch nicht die Möglichkeit, unsere Bedürfnisse so vielfältig zu erfüllen, wie es heute der Fall ist. Wenn die Mama, die ja das Geld hatte, Nein zu einem Wunsch gesagt hat und uns keine Alternative angeboten hat, waren wir aufgeschmissen. Ein Nein gesagt zu bekommen, war in der Kindheit mit der Nicht-Erfüllung unserer Bedürfnisse verbunden. Wir wissen also genau, wie es sich anfühlt, wenn zu uns jemand Nein sagt und tun uns deshalb schwer damit, selbst nein zu sagen.

 

Die gute Nachricht ist, heute sind wir erwachsen und wir können unsere Bedürfnisse, unabhängig von einer bestimmten Person erfüllen. Trotzdem werden wir ganz unterbewusst von unseren Glaubenssätzen der Kindheit gesteuert: „Nein ist mit einer Gefahr verbunden – wichtige Bedürfnisse wie Harmonie, Zugehörigkeit, Liebe, Angenommen sein, Genuss oder Unterhaltung werden nicht erfüllt, wenn du jetzt nein sagst!“ – flüstern uns die kleinen Computer im Kopf ein. Leider haben wir vergessen diese mit dem Erreichen der Volljährigkeit zu updaten. Vielleicht wäre es langsam Zeit für ein Update?

 

Also starten wir mit dem Update unserer Computer im Kopf.

 

Denn Nein – Sagen fühlt sich heute unangenehm an, weil wir früher schlechte Erfahrungen damit gemacht haben und nicht wollen, dass diese Erfahrungen jemand anderes wegen uns macht. Wir wollen ja gemocht werden und vermuten, dass unser Gegenüber mit Verärgerung oder Ablehnung reagieren wird – genau wie wir damals. Tatsächlich kann das ja auch passieren. Meistens hat unser Gegenüber dieselben Erfahrungen mit einem Nein gemacht wie wir. D.h. auf ihn wirkt es so, als ob er das was er möchte nicht bekommt und nun keine andere Wahl hat. Deshalb wird er wütend. Es könnte sein, dass sein Bedürfnis nach Unterstützung oder sein Wunsch, gehört zu werden, mit unserem Nein unerfüllt bleibt.

 

Entscheidend dabei ist jedoch, dass wir nicht verantwortlich für die Bedürfniserfüllung anderer sind. Wir haben schon genug mit unseren eigenen Bedürfnissen zu tun und wenn wir nicht gezwungen werden, erfüllen wir auch gerne die Bedürfnisse anderer Menschen. Marshall Rosenberg, der Begründer der gewaltfreien Kommunikation hat mal gesagt „Ein Mensch trägt gerne zum Wohlergehen anderer bei, vorausgesetzt, er wird nicht dazu gezwungen“.

 

Doch was können wir jetzt tun, wenn wir niemanden verletzen wollen?

  1. Einen Platz zwischen dem Reiz und der Reaktion schaffen (etwas „Bedenkzeit“)

  2. Klarheit über unsere Bedürfnisse gewinnen

  3. Den nötigen Mut (den Selbstwert) entwickeln, um für unsere Bedürfnisse einzustehen

  4. Und damit das Nein nicht wie eine Abrissbirne wirkt, benötigen wir etwas Übung in empathischer/gewaltfreier Kommunikation (GFK).

Wenn du so gestrickt bist wie ich es vor vier Jahren war und ab und zu auch heute noch bin, bist du während eines Gesprächs mit deiner Aufmerksamkeit überwiegend bei deinem Gegenüber. Du nimmst dich selbst nicht wahr und antwortest schnell und unbewusst. In dir läuft ein Programm ab, das dir sagt wie du dich verhalten musst, damit der andere dich mag.

 

Hauptsache wir werden gemocht ist das Kredo. Auf diese Weise überlegen wir nicht was wir wollen, sondern Hauptsache der andere bekommt was er will. Das heißt wir sagen „Ja“ und erkennen erst danach, dass wir unseren freien Abend gerade im Kampf um Liebe und Sicherheit verloren haben. Was wir, während wir uns so aufopfernd verhalten vergessen haben ist, dass durch unser unbewusstes Ja andere Dinge, die uns wichtig sind, hinten runterfallen.

 

Überlege mal, was ist bei dir schon zu kurz gekommen, weil du zu einem Freund/Partner/Chef/Eltern/Kollegen Ja gesagt hast, obwohl du das eigentlich nicht wolltest?

 

Durch regelmäßiges Meditieren reduzieren sich unsere Ängste, wir schärfen unser Selbst-Bewusstsein und können somit unser Verhalten immer besser wahrnehmen. Das heißt wir gewinnen „Bedenk-Zeit“ zwischen dem Reiz (der Aussage einer Person) und unserer Reaktion (ja oder nein) darauf.

Durch diese Zeit haben wir die Chance etwas zu unternehmen. In dem Moment in dem uns auffällt, dass wir uns mehr auf den anderen konzentrieren als auf uns, lenken wir die Aufmerksamkeit zurück in unseren Körper. Wir spüren z.B. unser Gesäß auf dem Stuhl, die Füße auf dem Boden oder beobachten unseren Atem. Wenn wir uns während dem zuhören immer wieder selbst spüren, erleben wir unsere Gefühlszustände. Wann wird es eng oder weit in uns. Diese Gefühle sind unser Wegweiser zu unseren Bedürfnissen und geben uns die Antwort auf die Aussage oder Frage von unserem Gegenüber.

 

Ein Beispiel damit es leichter verständlich wird.

Stelle dir vor, dein Chef kommt zu dir und gibt dir eine weitere Aufgabe. Du hängst jedoch schon mit deinen bisherigen Aufgaben hinterher. Normalerweise sagst du „klar mach ich“.

Wenn du in dem Moment, in dem dein Chef dir diese Aufgabe geben möchte, jedoch in dich hineinspürst und merkst, dass es in dir eng wird, kannst du dir die Frage stellen, was brauche ich? Vielleicht brauchst du Erholung oder Verständnis dafür, dass du schon mehr Arbeit auf dem Tisch hast als du in der vereinbarten Zeit schaffen kannst. Vielleicht erkennst du, dass dir Zuverlässigkeit wichtig ist und du diese nicht mehr leben kannst, wenn du noch mehr Aufgaben annimmst. Mit dieser Klarheit über deine Bedürfnisse kannst du eine Entscheidung treffen. Gehst du mit dem Wunsch danach angenommen zu sein und sagst Ja oder erfüllst du dir dein Bedürfnis nach Zuverlässigkeit und sagst Nein.

In der gewaltfreien Kommunikation könnte das wie folgt klingen:

 

„Herr Müller, wenn ich an die Aufgaben denke, die ich noch habe und jetzt diese neue Aufgabe sehe wird es mir eng, denn mir ist es wichtig zuverlässig zu sein. Können Sie mir bitte sagen, welche der vorhandenen Aufgaben ich liegen lassen kann, um die neue Aufgabe übernehmen zu können?“

 

Was haben wir in dem Beispiel gemacht?

  1. Einen Platz zwischen dem Reiz und der Reaktion geschaffen – Körper/Gefühle gespürt

  2. Klarheit über unsere Bedürfnisse gewonnen – Bedürfnis nach Zuverlässigkeit

  3. Den Selbstwert / Mut entwickeln, um für unsere Bedürfnisse einzustehen – Bedürfnis ausgesprochen

  4. Und damit das Nein nicht wie eine Abrissbirne wirkt – für das Aussprechen die vier Schritte der gewaltfreien Kommunikation genutzt: Beobachtung, Gefühl, Bedürfnis, Bitte

Wir handeln immer aufgrund von Bedürfnissen.

 

Wenn wir Ja sagen, erfüllen wir uns das Bedürfnis nach Harmonie, Ruhe, Angenommen sein, Zugehörigkeit, Beitrag leisten, etc., wenn wir Nein sagen erfüllen wir uns die Bedürfnisse nach Erholung, Zuverlässigkeit, Spaß. Es könnte jedes Bedürfnis sein und ist von der Situation abhängig. Wichtig zu verstehen ist nur, wenn uns jemand um etwas bittet und wir diese Bitte nicht erfüllen wollen, sagen wir nicht Nein zu der Person, sondern Ja zu einem unserer Bedürfnisse. Wenn wir Angst haben, jemanden mit unserem Nein zu verletzen, ist das ein Zeichen dafür, dass wir die Verantwortung für die Gefühle der anderen Person übernehmen. Tatsächlich liegt es nicht in unserem Einflussbereich, ob die Person nach unserem Nein verletzt ist oder nicht. Die Ursache für die Verletzung ist das unerfüllte Bedürfnis der Person und nicht wir. Für die Erfüllung unserer Bedürfnisse sind wir selbst verantwortlich und so ist auch jede andere Person selbst für ihre Bedürfnisse verantwortlich. Ist die Person dann verärgert und gibt uns die Schuld dafür, können wir sie mit Hilfe der gewaltfreien Kommunikation empathisch abholen. Voraussetzung dafür ist, dass wir selbst nicht glauben, dass wir schuld an der Verletzung sind. Dorthin zu kommen ist ein Weg, den wir unter anderem mit Hilfe der Selbstempathie von Marshall Rosenberg meistern können. Denn es ist nicht das Ziel Verletzungen zu vermeiden, sondern die Menschen, die nach einem Nein verletzt sind, mit Hilfe der GFK empathisch zu begleiten, um eine andere Strategie zu finden, mit der sie ihr Bedürfnis erfüllen können.

 

Abschließend hilft es, uns bewusst zu machen, dass es niemandem dient, wenn wir aufgrund des häufigen Ja Sagens keine Kraft mehr haben. Früher oder später zeigen sich explosive Emotionen, oder setzt uns unser Körper durch Krankheit eine Grenze und das wollen wir vermeiden. Dazu öffnen wir unser Herz für uns, machen uns frei von der Meinung anderer und bilden somit Schritt für Schritt Beziehungen auf Augenhöhe. Und zu gegenseitiger Augenhöhe gehört, dass wir Nein sagen, wenn wir Nein meinen! Damit übernehmen wir die Verantwortung für uns und trauen den anderen zu, dass auch sie für sich Verantwortung übernehmen können.

 

Vielen Dank, dass du den Artikel bis hierher gelesen hast. Wenn du tiefer in das Thema einsteigen möchtest und dir wünschst empathisch für dich einstehen zu können, dann folge mir auf Instagram (@lisamariewydra_beready). Bald gibt es meinen Online Kurs zum empathischen Nein sagen und Grenzen setzen, über Instagram bleibst du darüber auf dem Laufenden.

 

Mögest du dir selbst wichtig sein.

 

Von Herzen

Deine Lisa-Marie

 

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Ich bin Lisa-Marie Wydra,

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Deine Lisa-Marie

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